Donnerstag, 10. Oktober 2019

Verraten die Wohnungsgenossenschaften die genossenschaftliche Idee?

„Nach allem, was ich mir angesehen habe und welche Erfahrungen ich aus meiner über 20-jährigen Erfahrung mit Genossenschaften habe, muss die Frage eindeutig mit einem „Ja“ beantwortet werden.“ so Olaf Haubold als Resümee in seinem neues Essay mit obigen Titel. (Der Link zum Kostenlosen Download im Anschluss an diese PM)    



Im Internet sind viele von den Jahresberichten der annährend 2.000 Wohnungsgenossenschaften in Deutschland abrufbar. Das Ergebnis ist nahezu identisch. Überwiegend werden die Körperschafts- und Gewerbesteuerbefreiungen in Anspruch genommen. Ein geringer Teil wird den Mitgliedern als Dividenden ausgezahlt, was dort zu Kapitalertragssteuern führt. Der überwiegende Teil wird in den Kapitalrücklagen zurückgelegt, damit den Mitgliedern und deren Förderung dauerhaft entzogen! Teilweise erreichen die Rücklagen das 60 – 90 fache der Geschäftsguthaben der Mitglieder, nicht selten zweistellige Millionenbeträge.

In den Geschäftsberichten wird oft von „Mietern“ gesprochen, obwohl Mitglieder nach den genossenschaftlichen Prinzipien Mitunternehmer sind und Ihren Genossenschaften gleichzeitig als Kunden gegenüber treten. Sie nutzen daher ihr genossenschaftliches Miteigentum und sollten auch als „Nutzer“ angesprochen werden, die einen Dauernutzungsvertrag und keinen Mietvertrag bekommen. Die Nutzungsentgelte sollten entsprechend des Förderzwecks nach Satzung und Genossenschaftsgesetz auskömmlich zur Bewirtschaftung durch die eG sein und demgemäß deutlich unter den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen. Sollten die Jahresergebnisse Überschüsse aufweisen, sollten diese als genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder zurückgeführt werden, die diese steuerfrei entgegen nehmen können. 



Möglicherweise machen die Wohnungsgenossenschaften ihr Benchmarking mit Immobilienanlagegesellschaften, möglicherweise in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Daraus entsteht möglicherweise auch die „Notwendigkeit“ die Mieten ständig erhöhen zu müssen, obwohl da keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit besteht. Die Genossenschaften sind nicht gewinnorientiert, wie andere Kapitalgesellschaften sondern in erster und einziger Linie der Mitgliederförderung verpflichtet. Nur durch die Mitgliederförderung entsteht erst die Rechtsform Genossenschaft.  



Das, was die Wohnungsgenossenschaften heute hinsichtlich der Mitgliederförderung machen, ist nicht ausreichend und sollte von den Prüfungsverbänden im Rahmen der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung kritisiert werden. Diese Kritik sollte Eingang in die Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses finden, das anlässlich der Generalversammlungen zu verlesen ist. Möglicherweise wacht dann das eine oder andere Mitglied auf. Und fängt an, seine Mitgliedsrechte wahrzunehmen.   

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