Donnerstag, 31. Oktober 2019

Genossenschaften: Die krisensichere Wohngemeinschaft

Wie bleibt Wohnen bezahlbar? Margit Piatyszek-Lössl sieht Wohnungsgenossenschaften als einzige Option, abgesichert und günstig zu wohnen.
Bezahlbares, sicheres und gutes Wohnen ist der Grundgedanke der Baugenossenschaftsbewegung, die Ende des 19. Jahrhunderts in Berlin entstand. Damals wie heute hatte Berlin eine hohe Anziehungskraft. Die Stadt entwickelte sich zum Handels- und Industriezentrum. Bau und Vermietung von Wohnraum war privaten Investoren und spekulativer Rendite überlassen. Im Jahr 1920 wuchs die Einwohnerzahl auf fast 4 Millionen – nach New York und London war Berlin die drittgrößte Metropole der Welt und die am dichtesten besiedelte „Mietskasernenstadt“. 

Als Gegenmodell und Alternative entstanden in dieser Zeit viele Genossenschaften aus unterschiedlichsten Gesellschaftsgruppen - von Arbeitern über Handwerker bis zu Beamten. Und beim Wohnen ging es erstmals nicht nur um Rendite, sondern um helle, freundliche Wohnungen mit einem Fleckchen Grün, demokratischer Teilhabe, Dauerwohnrecht, innovative Architektur sowie Sozial- und Kultureinrichtungen.
Durch das genossenschaftliche Identitätsprinzip, das erstmals die bis dahin getrennten Marktpositionen von Kunde und Eigentümer vereinte, gelang die Synthese von Vermieter und Mieter. Bis heute bedeutet dies einen „Dritten Weg“ zwischen dem Wohnen zur Miete und dem im Eigentum, zugleich als Nutzer sowie als Miteigentümer am Unternehmen.

In Genossenschaften gelingt die Synthese von Mietern und Eigentümern.

Dieser Blick in die Geschichte ist unverzichtbar, um auch heute für bezahlbares Wohnen in Berlin zu sorgen. Als Genossenschaften müssen wir keine neuen Visionen zu dem Thema Wohnen entwickeln. Die Unternehmensform Genossenschaft ist die Vision. Eine Vision, die seit über 130 Jahren nicht nur in dieser Stadt funktioniert. Es gibt in Berlin rund 200 000 Genossenschaftswohnungen, bundesweit sind es über 2 Millionen. 
Die meisten Genossenschaften haben zwei Weltkriege, Weltwirtschaftskrisen, unterschiedliche politische Systeme und die Finanzkrise überstanden. Unser Modell ist krisensicher und zukunftstauglich. Auch wenn die heutige Generation andere Bedürfnisse hat: Die heutige Bewohnerschaft ist heterogener, multikultureller und mobiler und die klassische Kleinfamilie nicht mehr das Mehrheitsmodell. 
Weiter zum Originaltext Tagesspiegel.de

Dienstag, 29. Oktober 2019

Genossenschaftsverband "Concopar" unterzeichnet Vereinbarung mit Air Europa

Um die Vorteile und Möglichkeiten für seine Mitglieder zu erweitern, hat der Verband der ländlichen Genossenschaften von Paraguay Limitada (Concopar) kürzlich eine Vereinbarung mit der wichtigsten spanischen Fluggesellschaft Air Europa unterzeichnet.
Aufgrund des Vertrags gibt es Sonderkonditionen für Mitglieder und deren Angehörige, wie Eltern, Kinder und Geschwistern.
Die Generaldirektorin von Concopar, Amelia Moro, erklärte, dass diese Vereinbarung differenzierte Bedingungen für alle Reisen der betreffenden Genossenschaft vorsehe, die beruflicher oder privater Natur seien.
„Die Konföderation ist mit der spanischen Handelskammer verbunden, die innerhalb ihres Partnerportfolios Air Europa als Mitglied hat, eine große spanische Fluggesellschaft. Nach früheren Gesprächen untersuchten wir die Möglichkeit eines Bündnisses, das Partnerverbänden von Concopar sowie Mitgliedern der Genossenschaften und ihren Familien zugutekommt“, sagte Moro.
Einer der Hauptvorteile ist die Ermäßigung von 10% auf den normalen Flugpreis ohne Steuern und Gebühren. Außerdem kann eine Änderung des Passagiernamens erfolgen, jedoch unter bestimmten Umständen, die die Fluggesellschaft zuvor definiert hat.
Andere von dieser Vereinbarung betroffenen Vorteile beziehen sich auf die kostenlose Reservierung eines bestimmten Sitzplatzes sowie eine kostenlose Änderung der Route oder des Datums.
Schließlich sieht die Vereinbarung eine Auswahl von günstigeren Tarifklassen vor, wie zum Beispiel bei der Business-Class vor, die aber von der betreffenden Fluggesellschaft festgelegt werden.
Moro fügte hinzu, dass diese differenzierten Vorteile erst mit dem direkten Kauf von Tickets bei Air Europa wirksam werden. Andere Prozesse oder Transaktionen fallen nicht unter die Vereinbarung.
„Wir sehen die Wichtigkeit der Bildung von Allianzen, weil wir im 21. Jahrhundert sind und zu diesem Zeitpunkt ein isoliertes Unternehmen oder ein Genossenschaftsverband, wie in diesem Fall, nicht mehr viel tun kann und dessen Expansion und Möglichkeiten einschränkt sind. Das ist der beste Weg und globale Trend, um weiterhin Vorteile zu erzielen“, erklärte Moro abschließend.
Quelle /Wochenblatt / 5Dias

Donnerstag, 24. Oktober 2019

Genossenschaften beschaffen bezahlbaren Wonhnraum für Pflegekräfte

„Der Pflegenotstand in Deutschland basiert nicht zuletzt auf der Tatsache, die vergleichsweise niedrigen Einkommensbezieher der Pflegebranche keinen bezahlbaren Wohnraum finden“, erklärt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold. Daher haben sich im Landkreis Dachau mit Caritas, Helios-Kliniken und der Sozialservicegesellschaft des Bayerischen Roten Kreuzes drei Einrichtungen zusammengetan und eine Genossenschaft zur Wohnvermittlung gegründet. Ziel ist es, den eigenen Mitarbeitern bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Dafür mietet die Genossenschaft Wohnungen im Landkreis an und vermietet diese dann wiederum an die Pflegekräfte der drei Mitglieder. Durch die Vermittlung einer bezahlbaren Wohnung wollen Caritas, Helios-Kliniken und das Bayerische Rote Kreuz neue Mitarbeiter anwerben und damit dem Mangel an Pflegekräften im Landkreis entgegenwirken. Den Wohnungseigentümern garantiert die Genossenschaft verlässliche Mieteinnahmen auch bei Leerstand und hofft so, einige der etwa 1.800 leer stehenden Wohnungen im Landkreis für die eigenen Mitarbeiter sichern zu können“, so Genossenschaftsexperte Olaf Haubold.

Dienstag, 22. Oktober 2019

Müssen Genossenschaften staatlich geschützt werden?

Aktuell sind bei der BaFin wieder mehrere Auskunftsersuchen an Genossenschaften anhängig, ob von diesen Genossenschaften gegen das Vermögensanlagegesetz verstoßen worden ist. Gemäß § 2 VermAnlG gibt es Ausnahmen für einzelne Arten von Vermögensanlagen. Diese sind nach Absatz (1):  Die §§ 5a bis 26 mit Ausnahme von § 18 Absatz 2 und 3 sowie § 19 Absatz 1 Nummer 3 und 4 dieses Gesetzes sind nicht anzuwenden auf: „Anteile an einer Genossenschaft im Sinne des § 1 des Genossenschaftsgesetzes, wenn für den Vertrieb der Anteile keine erfolgsabhängige Vergütung gezahlt wird“ Jetzt wird es interessant. Die Genossenschaft darf ihre Anteile – Genossenschaftsanteile sind hier sicher gemeint – nicht vertrieblich einwerben. Soweit so gut, obwohl auch das schon eine unbotmäßige Einschränkung der genossenschaftlichen Selbstbestimmung darstellt.   
 
Bisher wurde darunter verstanden, dass ein Vertrieb, demzufolge eine von der Genossenschaft fremde Gesellschaft oder Einzelpersonen, die über die notwendigen Zulassungen - § 34 f (3) GewO - verfügen und nach Erfolg, d.h. in Abhängigkeit von der Anzahl der eingeworbenen Anteile über Provisionen oder Honorare vergütet werden. Das scheint vor dem Hintergrund aktueller Prüffälle, die dem Autor bekannt sind, nicht mehr so zu sein. 
 
Diese zeigen, dass die BaFin in meiner Meinung nach ungerechtfertigter Art und Weise, das Vermögensanlagegesetz verballhornt. Derzeit werden von der BaFin die Ausnahmetatbestände gekippt, wenn die Genossenschaft:
 
• das alte genossenschaftliche Prinzip „Mitglieder werben Mitglieder“ einsetzt und den werbenden Mitgliedern eine pauschale Prämie zahlt. Zum Beispiel 50 € pro geworbenes Mitglied oder
• die Genossenschaft angestellte Mitarbeiter beschäftigt, deren Aufgabe es ist, Mitglieder zu werben. 
 
Wie können, insbesondere junge Genossenschaften ihr Eigenkapital aufbauen, wenn Ihnen die klassischen Instrumente der Mitgliederwerbung durch staatliche Restriktionen entzogen werden? Wie wollen junge Wohnungsgenossenschaften ihre Immobilien finanzieren? Nur mit den Pflichteinteile der dann darin wohnen Mitglieder? Ein Witz vor der aktuellen Wohnungssituation in Deutschland!
     
Dazu passt eine Bundesratsinitiative des Landes Brandenburg von Ende 2018 mit dem Ziel der Änderung des Genossenschaftsgesetzes. Darin sollen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände verpflichtet werden, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unverzüglich über mögliche Verstöße von geprüften Genossenschaften gegen das Kapitalanlagegesetzbuch oder gegen das Vermögensanlagengesetz zu informieren, damit die BaFin aufgrund dieser Hinweise tätig werden kann. Daneben soll auch den Behörden zur Beaufsichtigung der genossenschaftlichen Prüfungsverbände die Möglichkeit eingeräumt werden, der BaFin Verstöße gegen das Kapitalanlagegesetzbuch oder das Vermögensanlagengesetz anzuzeigen, die ihnen im Rahmen ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt geworden sind. 
Die gewünschte Gesetzesänderung schafft ein Sonderrecht für Genossenschaften, das in solcher Form bei anderen Rechtsformen, die mutmaßlich sehr viel häufiger von zum Teil kriminellen Missbräuchen betroffen sind, nicht besteht! Der Missbrauch genossenschaftlicher Rechtsformen ist aber vor dem Gesamthintergrund des grauen Kapitalmarktes und der dortigen "Kriminalität" nur ein sehr kleiner Ausschnitt. Wenn hier eine "Meldepflicht" eingeführt wird, muss gleiches auch für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater erfolgen, die Unternehmen in anderen Rechtsformen betreuen, wenn dort im Rahmen ihrer Tätigkeit strafbare Handlungen des Unternehmens festgestellt werden!
  
Neu gefasst werden soll § 62 Abs. 3 Satz 2 GenG. Dazu muss angemerkt werden, dass § 62 Abs. 3 Satz 2 GenG in der aktuellen Fassung erst etwa zwei Jahre gilt. Dieser soll durch den Gesetzesentwurf erneut geändert werden. Dabei muss auch bedacht werden, dass die Möglichkeiten der Entdeckung von Missständen im Rahmen von Prüfungen nach § 53 I GenG nur begrenzt sind. Solche Prüfungen finden nachträglich und im Regelfall nur alle 2 Jahre statt. Soweit Kleingenossenschaften betroffen sind, ist zudem eine Vor-Ort-Prüfung nach § 53a GenG nur in jedem zweiten Fall – also ggf. nach 4 Jahren vorgesehen. Durch die Gesetzesänderung würde daher vermutlich allenfalls ein geringfügiger Fortschritt erzielt werden können. Die Durchbrechung der Verschwiegenheitsverpflichtung einer Prüfungsinstanz muss ein enger Ausnahmefall bleiben, da die Vertraulichkeit von Mandanteninformationen eine zentrale Grundlage der Arbeit aller Wirtschaftsprüfer und ähnlicher Berufe ist!
Gegenüber der aktuellen Fassung würde statt einer Ermessensentscheidung des Prüfungsverbands eine Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung von Informationen an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeführt. Ein Abwarten auf Ebene des Prüfungsverbandes wäre durch das Einfügen des Wortes "unverzüglich" nicht mehr möglich. Nach dem jetzigen Wortlaut ist die Meldung an die BaFin die Ultima Ratio, wenn die Genossenschaft von sich aus nicht zu zulässigen Geschäftszwecken zurückkehrt. Dieses stufenweise Vorgehen würde dem Prüfungsverband genommen! Gleichwohl soll er ausweislich der Begründung die betroffene Genossenschaft weiterhin vollumfänglich zur Einhaltung eines zulässigen Geschäftsgebarens anhalten. In Fällen besonderer Dringlichkeit - also bei zu erwartenden Schäden für die Mitglieder ergibt sich bereits nach der derzeit gültigen Regelung eine Pflicht zur Weitergabe. Vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum eine generelle Pflicht zur Informationsweitergabe im Gesetz verankert werden soll. Es stellt sich die Frage der Verhältnismäßigkeit, da es sich bei § 62 Abs. 3 S. 2 GenG um eine Ausnahmevorschrift zur Durchbrechung der Verschwiegenheit des Prüfungsverbandes handelt. Bei der Weitergabe durch die Staatsaufsicht nach § 64 Abs. 4 GenG n. F. soll der Aufsichtsbehörde ein Ermessen zustehen. Vor diesem Hintergrund sollte es bei der gültigen Regelung bleiben.
 
Unsere genossenschaftlichen Vordenker Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze aus Delitzsch sprachen von Genossenschaften als selbstbestimmende und selbstverwaltende Kooperationen mit Selbstkontrolle in der genossenschaftlichen Organisation bei maximaler Staatsferne. Davon scheinen wir immer weiter weg zu kommen. 
 
 


Donnerstag, 17. Oktober 2019

Auszeichnung für Wohnungsbaugenossenschaft

„Auf den ersten Platz mit ihrem Bauprojekt „Nettelbeckplatz“ schaffte es die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG beim ‘European Responsible Housing Awards’“, erklärt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold. Dieser wurde 2014 ins Leben gerufen und geht aus der Europäischen Initiative zur Verantwortungsvollen Wohnungswirtschaft (ERHIN- European Responsible Housing Initiative) hervor. Dabei geht es um die Förderung der unternehmerischen Sozialverantwortung (CSR) in der sozialen, öffentlichen und genossenschaftlichen Wohnungswirtschaft. „Beim Bauprojekt Nettelbeckplatz konnte neuer Wohnraum ohne zusätzliche Versiegelung neuer Flächen auf dem Grundstück geschaffen werden – ein Beispiel für eine nachhaltige genossenschaftliche Erweiterung einer Siedlung“, so Genossenschaftsexperte Olaf Haubold.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Ältere Windparks abzuschalten bedeutet CO2-Ausstoss zu erhöhen

Die Energiegenossenschaft Greenpeace Energy macht auf einen wenig erfreulichen Umstand aufmerksam“, erklärt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold. Denn wenn ältere Windparks abgeschaltet werden sollten, droht in Deutschland ab 2021 (indirekt) ein zusätzlicher CO2-Ausstoß von mindestens 2,2 Millionen Tonnen jährlich. So eine Medienmitteilung von Greenpece Energy auf der Basis einer Untersuchung des Analsysehauses Energy Brainpool. Ab 2021 endet die EEG-Förderung für ältere Windparks, ihre wirtschaftliche Zukunft ist aus heutiger Sicht ungewiss. Die wegfallende erneuerbare Stromproduktion würde durch konventionelle Kraftwerke ersetzt, was den CO2-Ausstoß erhöht. Weil in den Folgejahren etliche weitere EEG-Anlagen aus der Förderung fallen, dürften die jährlichen Mehremissionen laut Energy Brainpool bis 2025 auf insgesamt mindestens 7,9 Mio. t CO2 ansteigen, sofern der Weiterbetrieb älterer Windparks nicht sichergestellt werden kann. Die Experten von Energy Brainpool gehen in ihrer Kurzanalyse zudem davon aus, dass an einem Drittel der bestehenden Windpark-Standorte in Deutschland die bestehenden Windräder durch moderne und effizientere Anlagen ersetzt werden können. „Gelingt dieses großflächige Repowering nicht, droht Deutschland laut Kurzstudie ein noch größerer zusätzlicher CO2-Ausstoß von 3,3 Mio. t in 2021, der jährlich weiter ansteigt und 2025 knapp 12 Mio. t CO2 erreicht“, so Genossenschaftsexperte Olaf Haubold.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Verraten die Wohnungsgenossenschaften die genossenschaftliche Idee?

„Nach allem, was ich mir angesehen habe und welche Erfahrungen ich aus meiner über 20-jährigen Erfahrung mit Genossenschaften habe, muss die Frage eindeutig mit einem „Ja“ beantwortet werden.“ so Olaf Haubold als Resümee in seinem neues Essay mit obigen Titel. (Der Link zum Kostenlosen Download im Anschluss an diese PM)    



Im Internet sind viele von den Jahresberichten der annährend 2.000 Wohnungsgenossenschaften in Deutschland abrufbar. Das Ergebnis ist nahezu identisch. Überwiegend werden die Körperschafts- und Gewerbesteuerbefreiungen in Anspruch genommen. Ein geringer Teil wird den Mitgliedern als Dividenden ausgezahlt, was dort zu Kapitalertragssteuern führt. Der überwiegende Teil wird in den Kapitalrücklagen zurückgelegt, damit den Mitgliedern und deren Förderung dauerhaft entzogen! Teilweise erreichen die Rücklagen das 60 – 90 fache der Geschäftsguthaben der Mitglieder, nicht selten zweistellige Millionenbeträge.

In den Geschäftsberichten wird oft von „Mietern“ gesprochen, obwohl Mitglieder nach den genossenschaftlichen Prinzipien Mitunternehmer sind und Ihren Genossenschaften gleichzeitig als Kunden gegenüber treten. Sie nutzen daher ihr genossenschaftliches Miteigentum und sollten auch als „Nutzer“ angesprochen werden, die einen Dauernutzungsvertrag und keinen Mietvertrag bekommen. Die Nutzungsentgelte sollten entsprechend des Förderzwecks nach Satzung und Genossenschaftsgesetz auskömmlich zur Bewirtschaftung durch die eG sein und demgemäß deutlich unter den ortsüblichen Vergleichsmieten liegen. Sollten die Jahresergebnisse Überschüsse aufweisen, sollten diese als genossenschaftliche Rückvergütung an die Mitglieder zurückgeführt werden, die diese steuerfrei entgegen nehmen können. 



Möglicherweise machen die Wohnungsgenossenschaften ihr Benchmarking mit Immobilienanlagegesellschaften, möglicherweise in der Rechtsform der Aktiengesellschaft. Daraus entsteht möglicherweise auch die „Notwendigkeit“ die Mieten ständig erhöhen zu müssen, obwohl da keine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit besteht. Die Genossenschaften sind nicht gewinnorientiert, wie andere Kapitalgesellschaften sondern in erster und einziger Linie der Mitgliederförderung verpflichtet. Nur durch die Mitgliederförderung entsteht erst die Rechtsform Genossenschaft.  



Das, was die Wohnungsgenossenschaften heute hinsichtlich der Mitgliederförderung machen, ist nicht ausreichend und sollte von den Prüfungsverbänden im Rahmen der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung kritisiert werden. Diese Kritik sollte Eingang in die Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses finden, das anlässlich der Generalversammlungen zu verlesen ist. Möglicherweise wacht dann das eine oder andere Mitglied auf. Und fängt an, seine Mitgliedsrechte wahrzunehmen.   

Dienstag, 8. Oktober 2019

Ein „ThinkTank“ für den kooperativen Wandel

MMW CoopGo Bundesverband verfügt nunmehr seit Kurzem über eine Einrichtung, die aktiv Impulse und Konzeptionen für eine kooperative Zukunft für Wirt-schaft-Gesellschaft-Politik entwickeln und der Öffentlichkeit zugänglich machen soll. Der Präsident des Verbandes hat Herrn Haubold eingeladen, das Institut in Kooperation zu leiten.
Das CGI wird im Rahmen der Schriftenreihe „Elemente einer neuen Kooperationsgesellschaft“ regelmäßig Beiträge veröffentlichen, um so zu neuen Ideen und Konzepten Anstöße zu geben.„Dazu bedarf es Unabhängigkeit und Toleranz, denn viele Gedanken werdenwohl über das hinausgehen, was wir bisher als „kooperative Inseln“ toleriert haben, von dem wir uns jedoch nicht wirklich vorstellen konnten oder wollten, dass es eines – vielleicht sogar nicht allzu fernes Tages – der Mehrheit der Meinung der Menschen unseres Landes entsprechen würde und von diesen in neue, d.h. kooperative Formen und Normen „gegossen“ wird“, so Gerd K.Schaumann vom Vorstand des MMW CoopGo Bundesverbandes für Cooperations und Genossenschaftswirtschaft e.V.Deshalb wird CGI verbandsübergreifend tätig werden. Unabhängig sind auch die im CGI kooperativ wirkenden Wissenschaftler und Studierende aus verschiedensten Disziplinen, Experten aus zahlreichen Praxisfeldern und unter-schiedlichsten Kooperationsbereichen. Und weil Kooperation kein isoliertes „Projekt“ unseres Landes ist, sind auch internationale Kooperationen vorgesehen. Sie alle soll die „Vision“ einen, Impulsgeber für wohl eines wichtigsten und spannendsten „Umbau-Projekte“ unseres Landes, Europas und wohl sogar weltweit, zu sein: Einer Konkurrenzgesellschaft in eine kooperativ agierende Gesellschaft zu wandeln, um den Menschen zu zeigen: Kooperation ist die natürlichste Form des Zusammenlebens, wie uns nicht nur unser Körper jeden Tag vorführt. Kooperation ist auch die effektivste, fairste und effizienteste Form, in der Gesellschaft – Wirtschaft – Politik wirken können.

„Die mehr als 52.000 Genossenschaften in Deutschland der zwanziger Jahre des vorherigen Jahrhunderts sind bis Ende der 1970iger Jahre auf ca. 7.300 geschwunden. Über die Ursachen habe ich schon mehrfach berichtet. Danach ging es langsam wieder vorwärts. Heute zählen wir etwa 8.200 Genossenschaften in denen 22 Millionen Menschen aktiv sind. Der Genossenschaftsgedanke sollte weit verbreitet sein, die tägliche Praxis zeigt mir ein anderes Bild. An unseren Hochschulen und Universitäten gibt es bis heute keinen Studiengang „Kooperationswirtschaft“.

Trotzdem – und das spüre ich auch in meinen täglichen Gesprächen – geht der Trend in die richtige Richtung. Die Menschen erkennen wieder die Kraft der Kooperation. Sicher nutzen auch einige der über 300 Gründer, die ich in den letzten zwei Jahrzehnten begleiten durfte, die Möglichkeiten der Autarkie, den Schutz persönlichen Vermögens, teilweise auch der steuerlichen Vorteile, die sich aus der genossenschaftlichen Förderpraxis ergeben. Entscheidet ist die Verbreitung und die Durchdringung der genossenschaftlichen Idee, das Wissen und die Erkenntnis, dass Kooperation Wege eröffnet und Möglichkeiten bietet, die der Einzelne in Konfrontation mit einem anderen nie erreicht hätte. Obwohl, Kooperationen zu entwickeln und danach zu handeln ist eine zutiefst intellektuelle und anspruchsvolle Aufgabe. Selten sehen wir ein Gründerteam am Start, selten haben diese Teams die Idee, ihre schon begonnene Kooperation auch gesellschaftsrechtlich in der Rechtsform der Genossenschaft auszuleben. Wenn doch, dann haben sie schon wieder Probleme einen Kapitalgeber oder Business Angel zu finden, weil diese oder der ja wieder Einfluss und Dominanz haben wollen und weniger an Kooperation denken. So macht immer noch die Auffassung die Run-de, dass Genossenschaften etwas altes, dahergebrachtes sind. Neue Genossenschaftsgründungen würden dann folgerichtig nur althergebrachtes zementieren, würden keine Innovationen hervorbringen, sind in der neuen digitalen Welt nicht zuhause. Das mag vielleicht in der Anschauung mancher so sein, ich sagte ja, kooperativ zu handeln ist anspruchsvoll, aber diese Mühe machen sich bisher viele nicht.“
So Olaf Haubold in der Zusammenfassung seines Essay „Kooperation statt Konfrontation“ (der Link zum kostenlosen Download am Ende des Artikel)

Jetzt ist es Zeit für Querdenker und Innovatoren, die mutig vorangehen, auch wenn dies zunächst in Form von Konzepten und eher theoretischen Impulsen geschieht. Wir wissen bereits jetzt eine große Mehrheit der Menschen unseres Landes auf der Seite von mehr „Miteinander“. CGI ist sich bewusst, dass durch-aus auch Beiträge erscheinen werden, die zunächst nach „Utopie“ klingen und „Kopfschütteln“ auslösen werden. Aber das wollen wir gern in Kauf nehmen und zum Dialog in Kooperation anregen.Und unser Angebot dazu: Wir freuen uns auf jeden Menschen der an diesem –hoffentlich faszinierenden - „Open-Source-Projekt“ mitwirken möchte.






Dienstag, 1. Oktober 2019

Energiegenossenschaften verlieren Interesse

„Die aktuelle Umfrage des Deutschen Genossenschafts- und Raiffeisenverbands lässt ein abnehmendes Interesse der Energiegenossenschaften an Photovoltaik erkennen“, erklärt Genossenschaftsberater und Genossenschaftsgründer Olaf Haubold. 54 Prozent der Befragten hätten erklärt, sie wollten in kleinere Photovoltaik-Anlagen bis 750 Kilowatt Leistung investieren. Vor Jahresfrist erklärten dies aber noch 71 Prozent, wie es vom Verband am Montag hieß. Der Grund für die verschlechterte Stimmungslage sei die Politik, die mit dem Energiesammelgesetz zusätzliche Kürzung bei der Vergütung von Dachanlagen zwischen 40 und 750 Kilowatt Leistung beschlossen hatte. Der Verband monierte weiter, dass die Energiegenossenschaften auch bei den Ausschreibungen für Windkraft und große Photovoltaik-Anlagen ab 750 Kilowatt kaum zum Zuge kämen. Neben administrativen Hürden schrecke sie vor allem das hohe wirtschaftliche Risiko ab, da Bürgerenergiegenossenschaften – im Gegensatz zu großen Projektierungsunternehmen - das Risiko eines Fehlzuschlags nicht über weitere Projekte ausgleichen können. „Sie fürchteten auf den Kosten sitzen zu bleiben“, so Genossenschaftsexperte Olaf Haubold.