Über den Preis der „Ware“ Miete
Augenblicklich,
ein Jahr nach der Wahl zu einem neuen Bundestag und der Bildung einer neuen
Regierung, beherrschen zum Wohnen immer noch zwei Themenkreise die Diskussion:
• „Die Mietpreisbremse funktioniert
nicht!“
• „Im herrschenden Zinstief war es noch
nie so einfach, eigenen Wohnraum zu finanzieren!“
„Trotzdem
gehen die Menschen wieder auf die Straßen und demonstrieren hauptsächlich in
den Ballungszentren - München, Berlin, Frankfurt am Main, Köln – um die
Bereitstellung von Wohnraum zu sozialverträglichen Mieten“, sagt Olaf Haubold,
Genossenschaftsgründer und Genossenschaftsberater der Cooperative Consulting
eG. Beide oben genannten Themenkreise scheinen sich gegenseitig zu
neutralisieren, oder decken Widersprüche auf, die näher hinterfragt werden
müssen. Der Begriff „Mietpreisbremse“ ist erklärend genug und müsste schon zur
Diskussion Anlass geben. Hier wird das Grundbedürfnis Wohnen des Menschen zur
„Ware“, denn nur einer handelbaren Ware gibt man einen Preis“, so
Genossenschaftsgründer Haubold.
Dabei
sollte es nach Auffassung des Genossenschaftsberaters Haubold die erste Aufgabe
des Staates sein, das Gemeinwesen zu organisieren und die ihm dafür
zufließenden Mittel aus dem Steueraufkommen und aus den Erträgen der
Bewirtschaftung des Gemeinwesens zur Schaffung von Wohnraum mit sozial
verträglichen Mieten einzusetzen. Deutschland, bzw. die Personen, die für
Deutschland die Entscheidungen treffen, entziehen sich dieser Aufgabe jedoch
immer mehr. Zunehmend wird das dem Gemeinwesen zugeordnete Vermögen
privatisiert. Man überantwortet so diese gemeinschaftlichen Aufgaben der
privaten Spekulation. Die reichlich sprudelten Mittel aus dem Steueraufkommen
werden dann für Aufgaben verwendet, die sich ein schon lange vom Volk
verselbstständigter Staat selbst auferlegt oder ihm von dritter Seite auferlegt
worden sind und die niemals die Zustimmung des Souveräns in einem
demokratischen Prozess gefunden hätten.
„Grundsätzlich,
zumindestens ist das meine Auffassung, sollten alle Dinge, die dem
Grundbedürfnis des Menschen dienen, wie Grundlebensmittel, Energie und die
Grundlagen für das Wohnen, also auch der Grund und Boden, aus der Spekulation
und der Marktpreisbildung genommen werden. Grund und Boden sollte nur im
privaten Eigentum zum eigenen Wohnen, im genossenschaftlichen Eigentum zum
gemeinschaftlichen Wohnen und im staatlichen Eigentum zum sozialen Wohnen sein.
Nur dann verhindert man die Spekulationsblasen in den heutigen Metropolen und
Zentren. Es gibt tausend andere Möglichkeiten im freien Markt Geld zu verdienen
und den Idealen der Wiener Schule oder von Ludwig Ehrhardt zu folgen. Es muss
nicht auf Kosten der Grundbedürfnisse des Menschen sein, sonst ist irgendwann
auch das Wasser und die Atemluft Bestandteil privater Spekulation. Das sind
aber leider Utopien und Ideen für zukünftige Gedankenspiele, kommen wir wieder
zurück zum traurigen Alltag der Nichtbereitstellung von Wohnraum zu
sozialverträglichen Mieten“, sagt der Vorstand der Beratungsgesellschaft
Cooperative Consulting eG, Olaf Haubold.
Wenn
man den Preis der „Ware“ Miete heute staatlich bremsen wollte, verhindere man
die so oft gepriesene freie Marktwirtschaft. Da gilt der alte Spruch:
„Halbschwanger geht nicht, oder wasch mich, aber mach mich nicht nass!“ Man
kann den Grund und Boden nicht dem freien Spiel der Märkte und der Spekulation
aussetzen und dann von hinten das Spekulationsergebnis beeinflussen wollen,
dass aber überwiegend nur in den Ballungsgebieten Anwendung finde.
„Hier
höre ich in den mehrabendlich stattfindenden „Talkrunden“ der eloquenten
Gastgeberinnen, wie den ebenso eloquenten Gästen immer öfter den Spruch: „Man
sollte mehr in den ländlichen Raum ausweichen und hier den sozialen Wohnungsbau
ansiedeln, weil dort die Grundstückskosten geringer sind.“ Mir drängt sich da
natürlich gleich die Frage auf, ob die Infrastruktursysteme dann ebenfalls mit
ausgebaut werden, ob die Menschen kurze und ökologische Möglichkeiten nutzen
können, um ihre Arbeitsstellen zu erreichen, ihre Kinder betreuen zu lassen,
kulturelle Angebote nutzen zu können. Vielleicht habe man aber auch nur den
Aufbau seelenloser Ballungsräume im Kopf“, so der Vorstand der
Beratungsgesellschaft Cooperative Consulting eG“, Olaf Haubold.
Haubold
beschäftige sich hauptsächlich mit Genossenschaften und hier mit
genossenschaftlichem Wohnen. Daher ergäbe sich für ihn die Frage, ob hier auch
eine „Mietpreisbremse“ vonnöten ist.
Eine aktuelle Studie zu den Nettokaltnutzungsentgelten in den 2.000
deutschen Wohnungsgenossenschaften bringe jedoch zutage, dass dort die
Nutzungsentgelte 5 – 7 € / m² betragen – auch in Ballungsräumen. Eine Erklärung
liefere schon der Unterschied zwischen Miete und Nutzungsentgelt. Mitglieder
einer Genossenschaft sind nach dem Identitätsprinzip ja zugleich Unternehmer
und Nutznießer der genossenschaftlichen Leistung. Sie sind in einer
Wohnungsgenossenschaft demnach sowohl Immobilienunternehmer und Nutzer der
Wohnungen. Hinzu kommt, dass eine Genossenschaft nicht gewinnorientiert
arbeiten muss, die Gewinn folgen demnach nicht aus einer Steigerung der
Nutzungsentgelte, diese dienen nur der Aufrechterhaltung des
Geschäftsbetriebes.
„Sollte
sich der Saat deshalb nicht eher um eine Förderung des genossenschaftlichen
Wohnens bemühen? Sollte er nicht eher die Menschen in den Ballungsräumen und
von mir aus auch dem platten Land finanziell fördern und in die Lage versetzen,
eine Genossenschaft zu gründen und den Wohnraum selbst zu bewirtschaften? Oder ist
das schon wieder eine Utopie…“, fragt sich Genossenschaftsberater Olaf Haubold
abschließend.