Donnerstag, 12. September 2019

Ökologischer Gemüseanbau als Genossenschaft

Lüneburg.  Die Tomate, die unter dem hellen Gewächshausdach langsam errötet, trägt den schönen Namen „Devotion“ – Hingabe. Damit ihr besonderer Geschmack möglichst viele Lüneburger erreicht, steckt auch das Team des „WirGarten“ viel Arbeitskraft und Energie in ihr Unternehmen.
Hier, auf einer Fläche von rund 8,2 Hektar am Rande der Stadt, betreibt es seit dem vergangenen Jahr Solidarische Landwirtschaft. Das Prinzip: Das angebaute Gemüse wird jede Woche unter den Mitgliedern, die einen Erntevertrag abgeschlossen haben, aufgeteilt. Sie können zwischen verschiedenen Anteilsgrößen - S, M, L oder XL - wählen und holen sich die entsprechende Menge selbst an einer der Verteilstationen im Stadtgebiet ab. Zur Auswahl stehen meistens sieben verschiedene Kultursorten, zum Beispiel Tomaten, Zucchini, Mangold, Möhren, Gurken, Kartoffeln, Mais, Paprika, Kopfsalat, Rote Bete oder Rukola.

Die Kunden sind zugleich Mitglieder der Genossenschaft

Eine Besonderheit der Lüneburger Initiative ist, dass sie als Genossenschaft organisiert ist. Wer mindestens zwei Anteile zu je 50 Euro kauft, wird Mitglied und finanziert die Infrastruktur für den Anbau. Wer zusätzlich einen Erntevertrag abschließt, ist zugleich Kunde bei einem Unternehmen, das ihm zu einem Teil selbst gehört. Mit diesem Geld wird der tägliche Betrieb am Laufen gehalten, zum Beispiel Saatgut und Dünger gekauft. 

Der ökologische Gemüseanbau bringt viele Vorteile für die Umwelt

Der 28-Jährige hat bereits kurz nach dem Abitur in Eutin sein erstes Unternehmen gegründet, einen Onlinehandel für faire Kleidung.
Später erhielt er als Organisationsberater unter anderem Einblick in verschiedene landwirtschaftliche Betriebe. „Mit einer Lebensbewahrungsfläche hatte das nicht mehr viel zu tun. Das hat mein unternehmerisches Herz getroffen“, sagt Matti Pannenbäcker. „Ich wollte herausfinden, wie man ein anderes Modell schaffen kann.“
Herausgekommen ist der WirGarten, gegründet 2017 und getragen von derzeit 465 Mitgliedern. Sie stärken den ökologischen Gemüseanbau in ihrer Region, was mehrere Vorteile für die Umwelt mit sich bringt. „Wir verzichten auf chemische Pflanzenschutzmittel und Dünger, außerdem ist das Gemüse unverpackt und erreicht auf sehr kurzen Transportwegen die Kunden.“

Das Konzept soll sich in einem Social Franchise System verbreiten

Darüber hinaus fördert das Unternehmen generell den Konsum von Gemüse und bringt die Menschen dazu, regional und saisonal einzukaufen. „Gerade im Winter essen viele Menschen oft Dinge, die tausende von Kilometern transportiert wurden“, sagt Matti Pannenbäcker.
„Wir inspirieren dazu, das hier angebaute Gemüse zu entdecken.“ So mancher Kunde habe zum Beispiel keine Ahnung, wie Mangold oder Landgurken aussehen. Deshalb liefert das Team per wöchentlicher Erntepost Wissenswertes zum aktuellen Gemüse, praktische Tipps zur richtigen Lagerung und Rezepte zum schmackhaften Verwerten der Ernte.
„Unser Ziel ist es, wieder einen Bezug zwischen Bewusstsein und Konsum herzustellen“, sagt Matti Pannenbäcker. Dafür soll ein sogenanntes Social Franchise System aufgebaut werden.
Das in Lüneburg entwickelte und durch ein EU-Förderprogramm finanzierte Konzept dient als Pilotprojekt. Es soll Vorbild für Initiativen in anderen Orten sein, die das gleiche oder ähnliche Modelle umsetzen wollen.
Ein umfassendes Handbuch – unter anderem mit Hintergründen und Tipps zum Gemüseanbau, Genossenschafts-, Bau- und Bodenrecht und Mitgliederkampagnen – soll als Leitfaden anderen Initiativen zur Verfügung gestellt werden.
Ebenso kann der Internetauftritt der Marke „WirGarten“ problemlos übernommen und mit lokalen Inhalten gefüllt werden. So wollen die Initiatoren ihr übergeordnetes Ziel erreichen, die Agrarwende zu beschleunigen.
Lesen Sie weiter im Originaltext Abendblatt: Solidarische Landwirtschaft

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