Derzeit werden im Spiegel und anderen Printmedien
wieder die Rufe laut nach der Schließung von Steuerschlupflöchern bei
Genossenschaften. Angeblich wollen verstärkt vermögende Familien mit einem
hohen Immobilienbestand das Model der Wohnungsgenossenschaft zum Steuern sparen
nutzen.
Die Beratung zu Steuern obliegt der Berufsgruppe der
Steuerberater. Bezüglich deren Beratungskompetenz in Hinsicht auf
Genossenschaften, so zeigt es meine Erfahrung, glänzte diese Berufsgruppe in
der Vergangenheit mit wenig Kompetenz. Das hat u.a. seine Ursache auch darin,
dass Genossenschaften kein Thema für eine Ausbildung an den deutschen
Universitäten sind. Warum ist das so? Genossenschaften sind die einzige
Unternehmensform, die nicht gewinnorientiert und ausschließlich der Förderung
Ihrer Mitglieder verpflichtet sind. Wenn demnach keine Gewinne entstehen, gibt
es auch nichts zu versteuern. Schließlich kann nur derjenige Steuern sparen,
der auch Ertragssteuerpflichtig ist oder um unseren früheren Finanzminister
Theo Weigel zu zitieren: „Wer Steuern zahlt soll auch welche sparen dürfen.“
Ausgangspunkt der Diskussion sind möglicherweise die
seit der Änderung des GenG 2006 möglichen „Familiengenossenschaften“. Danach
kann bei einer Genossenschaft von weniger als 20 Mitgliedern auf die Bestellung
eines zweiten Vorstandes und eines Aufsichtsrates verzichtet werden. Diese
„kleinen Genossenschaften“ genießen jedoch die gleichen Rechte wie „große
Genossenschaften“ und sollten nicht diskriminiert werden. Ein Pinscher ist eben
auch ein vollwertiger Hund, ebenso wie ein Rottweiler oder ein Schäferhund.
Wenn nun die über 2.000 „großen Genossenschaften“
die Körperschafts-steuerbefreiung des § 5 (10) KStG nutzen, wenn sie mindestens
90% ihrer Einnahmen aus der Vermietung von Wohnungen an Mitglieder erzielen,
dann muss das für die kleinen Genossenschaften ebenso gelten, wenn gleiche
Voraussetzungen vorliegen.
Wenn die Hauptgeschäftsführerin des
Wohnungsdachverbands GdW, Frau Ingeborg Esser hier etwas anderes meint, irrt
sie. Insbesondere sollte sie besser ihre Polemik lassen und nicht mit Steinen
aus ihrem Glashaus werfen. Über 90% der vom GdW betreuten großen
Wohnungsgenossenschaften nehmen die Förderverpflichtung nicht so ernst, wie es
das Genossenschaftsgesetz vorschreibt. Sicher stellen die Genossenschaften als
Fördergrundlage ihren Mitgliedern Wohnungen zur Nutzung zu sozial verträglichen
Preisen zur Verfügung, aber das tun die Städte mit ihren Sozialwohnungen auch.
Vielmehr schütten die Wohnungsgenossenschaften jedoch in der Regel ihre
Überschüsse nicht als genossenschaftliche Rückvergütung aus, sondern stellen
sie in die Rücklagen, von denen kein Mitglied etwas hat, auch nicht wenn es
umzieht und seine Beteiligung kündigt. So ist es keine Seltenheit, dass die
Gewinnrücklagen der deutschen Genossenschaften – nach meinem Verständnis totes
Kapital – auf das 15 – 20 fache des Geschäftsguthabens der Mitglieder
angewachsen sind, sehr oft sind das gute zweistellige Millionenbeträge.
Und hier sind wir wieder bei der Mitgliederförderung
als Rechtsformpflicht nach § 1 GenG. Dem hat der Gesetzgeber mit den Änderungen
im Gesetz 2017 größeres Gewicht dadurch gegeben, dass er die
genossenschaftliche Prüfungsverbände verpflichtet hat, im Rahmen ihrer
Pflichtprüfungen die Mitgliederförderung besonders zu prüfen. In einzelnen
Prüfungsverbänden ist die Mitgliederförderung nunmehr 20 – 30 % Inhalt der
gesamten Prüfung geworden. Die Genossenschaften sollen deshalb
„Förderkonzeptionen und -maßnahmepläne“ entwickeln, diese durch die
Generalversammlung beschließen lassen und regelmäßig dort Rechenschaft ablegen.
Bei den Arten der Förderung sind die Genossenschaften frei in ihrer Wahl und
auch das hängt nicht von deren Größe ab. Anhaltspunkte dafür bieten die
einschlägigen Kommentierungen zum Genossenschaftsgesetz, z. Bsp. durch
Beuthien. Dass es in der Wahl der Mittel manchmal zu Fehlern und
Falschinterpretationen kommt, ist menschlich und nicht typisch für die
Rechtsform.
Insgesamt ist also die Aufregung nicht zu verstehen
und zeugt wieder mal davon, dass Unwissende ein Thema aufgreifen, dass sie
nicht verstehen und andere Unwissende zu Reaktionen auffordern, die sie ebenso
in Unkenntnis hinausposaunen. Das Ganze schadet dann wieder der
genossenschaftlichen Bewegung aber vielleicht soll es so sein.
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